Das "Ur-EEG" im Jahr 2000

Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG

Die Geschichte des Erneuerbare-Energien-Gesetz (kurz: EEG) führt uns inzwischen über 20 Jahre in die Vergangenheit. Das Gesetz gibt es seit dem Jahr 2000. Es ersetzte das Stromeinspeisungsgesetz aus dem Jahr 1990 und umfasste zu Beginn übersichtliche 12 Paragrafen.

Erstmals hatte die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen Vorrang vor anderen Quellen. Mit Inkrafttreten des EEG wurde außerdem der Grundsatz eingeführt, EEG-Strom kostendeckend für den Betreiber zu vergüten (und nicht mehr, wie vorher, gekoppelt an durchschnittliche Erlöse der Elektrizitätsversorger). Im EEG 2000 wurden für die unterschiedlichen Energiequellen feste Vergütungssätze definiert, die dann für den Betreiber ab Inbetriebnahme für 20 Jahre eine verlässliche Einnahmequelle waren. Für „Strom aus solarer Strahlungsenergie“ betrug diese Einspeisevergütung zu Beginn 50,6 ct/kWh. Von da an wurde sie jährlich um 5% abgesenkt (mit einer einmaligen Anhebung zwischendurch).

EEG-Umlage

Zur Finanzierung der Einspeisevergütung wurde die „EEG-Umlage“ eingeführt. Die Differenz zwischen Erlös und Einspeisevergütung wurde auf alle Stromverbraucher umgelegt. Die EEG-Umlage tauchte ab dann auf unseren Stromrechnungen auf.

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Die fetten Jahre

Entwicklung

Das EEG wurde erfolgreich. Die Technik reifte, insbesondere in der Photovoltaik aber auch in der Windenergie. Von Jahr zu Jahr wurden immer mehr EEG-Anlagen realisiert. In der Photovoltaik hatte Deutschland in den Jahren 2004 und 2005 einen Weltmarktanteil von um die 50%. Die Branche boomte hier mehr als sonstwo in der Welt. Es entstanden viele junge, Unternehmen und mit ihnen neue lukrative Arbeitplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Unternehmen wie SolarWorld, SMA Solar, Q-Cells, Solon, Sovello – einst große Namen in der Branche – und unzählige kleinere Unternehmen entstanden und wuchsen dynamisch. Viele deutsche Unternehmen tanzten selbstbewusst auf der globalen Bühne und spielten eine wichtige Rolle in einem wichtigen Zukunftsthema. Man wusste, wofür man kämpft und hatte einen starken Heimatmarkt im Rücken. Dies hatte man nicht zuletzt auch dem EEG zu verdanken.

Skaleneffekte nicht ausreichend im Gesetz berücksichtigt

Es wurden Prozesse optimiert, neue Produkte entwickelt, von Jahr zu Jahr immer mehr Masse produziert und Wirkungsgrade gesteigert. Damit fielen die Systempreise – schneller als erwartet – und schneller als im EEG abgebildet.

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Fette Renditen

Das sollte uns schließlich zum Verhängnis werden. Denn die Einspeisevergütung sank immer um starre 5% pro Jahr, unabhängig vom Marktgeschehen. Dadurch waren in dieser Zeit Renditen möglich, von denen man sonst nur träumen kann. Es wurden teilweise ganze (meist landwirtschaftliche) Gebäude gebaut, nur um darauf eine Photovoltaik-Anlage betreiben zu können. Manche Lagerhalle konnte sich allein durch die PV-Anlage auf dem Dach amortisieren. Nicht wenige haben sich zu dieser Zeit eine goldene Nase verdient, bezahlt von den Stromkunden. Das waren die unschönen Auswüchse einer sonst rundum positiven Entwicklung.

Der größte Teil der Photovoltaik-Branche lobbyierte trotzdem gegen eine schnellere Absenkung der Einspeisevergütung. Nur wenige stellten sich dagegen.

Zögern in der Politik

Die Politik reagierte zunächst zu träge: Im EEG 2009 wurde erstmals verankert, dass die Vergütungssätze in Abhängigkeit der Zubauzahlen angepasst werden („gleitende Degression“). Je mehr also in einem Jahr zugebaut wurde, desto stärker wurden die Vergütungssätze für das Folgejahr abgesenkt.

Die Systemkosten sanken aber natürlich nicht im Jahresrhytmus, sondern auch unterjährig sodass häufig und besonders gegen Jahresende weiterhin (unangemessen) hohe Renditen zu erzielen waren. Die gleitende Degression auf jährlicher Basis erwies sich als zu träge und konnte der dynamischen Marktentwicklung nicht folgen.

Immerhin: Die neuen Regeln ersparten dem Stromverbraucher, verglichen mit dem Vorgänger-Gesetz, Kosten. Jedoch bei weitem nicht so viel wie möglich gewesen wäre. Marktteilnehmer konnten sich indes zwar über weiterhin hohe Zubauzahlen freuen, hatten jedoch damit zu kämpfen dass es jedes Jahr wieder zum Jahresende zu einer von Torschlusspanik getriebenen Abschlussrallye kam. Man wurde überrannt, wenn auch der Markt sich ein wenig anpasste und Preise immer zu Jahresbeginn besonders stark nachließen. Über den Jahreswechsel brach die Nachfrage stark ein um sich im Jahresverlauf nur langsam zu erholen.

Zu lange gezögert und dann übersteuert

Crash

Der Einbruch

In den Jahren 2010, 2011 und 2012 wurden jeweils 7 Gigawatt Solarleistung zugebaut, so viel wie niemals zuvor (und seitdem bisher auch nie wieder). Im Jahr 2013 waren es nur noch 3,3 GW, 2014 sogar nur 1,9. Der damalige Umweltminister Peter Altmeier bezeichnete diesen Rückgang als „großen Erfolg“. Für eine junge, dynamische Branche war das jedoch nicht zu verkraften. Deutschen Unternehmen brachen große Teile des wichtigen Heimatmarktes in kürzester Zeit weg. Das schüttelte die gesamte Branche heftig durch und führte zu zahlreichen Pleiten einhergehend mit dem Verlust von vielen Tausenden Arbeitsplätzen.

Was war passiert? Zunächst einmal passierte zu lange nichts. Dann kam das neue EEG und es wurde dunkel am Horizont.

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Die Zerstörung eines aufstrebenden Wirtschaftszweiges

Das EEG 2012 steht für die Zerstörung einer aufstrebenden – nachhaltigen – Branche. Es brachte (zu) viele Einschnitte auf einmal mit sich:

Es gab eine große einmalige Absenkung der Einspeisevergütung um 15%(!) Von da an wurde monatlich abgesenkt. Als politisches Ziel wurde ein jährlicher Ausbau von 2,5 bis 3,5 GW definiert. Wird der Korridor überschritten, wird das mit schnellerer Absenkung der Einspeisevergütung „bestraft“. Bei Anlagen über 10kW wurden nur noch 90% der produzierten Strommenge vergütet. Weitere Regeln verkomplizierten Vorhaben. Für Solateure wurde es eine wahre Herausforderung, Endkunden die Regeln aus dem EEG zu erklären. Es wurde zunehmend schwierig, die Wirtschaftlichkeit einer Investition im Vorfeld zu berechnen.

Es kam im Jahresverlauf zu weiteren, teils sogar rückwirkend (!) geltenden, Änderungen im Rahmen der PV-Novelle. Die Vergütungsklassen wurden neu sortiert und die zunächst zur Jahresmitte vorgesehene unterjährige Absenkung wurde vorgezogen. Weitere Reformdiskussionen sorgten zusätzlich für Unsicherheit und trugen damit auch nicht gerade zu guten Rahmenbedingungen für Investitionen in die Energiewende bei.

Es war eine sehr schwierige Gemengelage für alle Marktteilnehmer. Insgesamt brachte das den gewünschten „Erfolg“ für Herrn Altmeier und zwang die Branche in die Knie.

Entwicklung von Einspeisevergütung und Zubau

Photovoltaik und das EEG
Entwicklung der Photovoltaik-Marktes mit dem EEG

Quellen: Die „historischen“ Vergütungssätze stammen vom Solarenergie-Förderverein (SFV)
die Zubauzahlen bis 2019 stammen von Statista.com
die Zubauzahlen für 2020 und 2021 sind der Printausgabe der Photon entnommen

Die Geschehnisse auf der Zeitleiste

EEG

Geburtsstunde des EEG

Das EEG erwies sich als wahre Starthilfe für die Energiewende.

2000
2007

Einführung der gleitenden Degression

Absenkung der Einspeisevergütung in Abhängigkeit von Zubauzahlen (auf jährlicher Basis)

2009
2008-2012

Die Boom-Jahre

2009: 3,8 GW
2010: 7,4 GW
2011: 7,5 GW
2012: 7,6 GW

EEG 2012

  • Einmalabsenkung der Vergütungssätze um 15%
  • Einführung einere monatlichen „Basisdegression“ von 1%
  • Festlegung eines „Ausbaukorridors“: 2,5 bis 3,5 GW politisch gewünschter Zubau pro Jahr
  • „atmender Deckel“: Wird der Zielkorridor überschritten, wird stärker abgesenkt
  • Einführung einer sog. "Marktprämie"
2012
2013-2014

Der Absturz

2012: 7,6 GW
2013: 3,3 GW
2014: 1,9 GW
2015: 1,5 GW

EEG 2014 / EEG 2017

  • Erprobung und schließlich Einführung von Ausschreibungsverfahren für große Freiflächenanlagen und später auch große Aufdachanlagen
  • Einführung einer Abgabe (reduzierte EEG-Umlage) auf selbst erzeugten und vor Ort verbrauchten Solarstrom
  • Zunehmende Befreiung stromintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage (mit der Folge dass "normale" Verbraucher mehr EEG-Umlage bezahlen)
2014
2016-2022

Eine Branche berappelt sich

2016: 1,5 GW
2017: 1,8 GW
2018: 3,0 GW
2019: 3,9 GW
2020: 4,9 GW
2021: 5,3 GW
2022: 7,4 GW

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Die Branche berappelt sich

Seit 2012 hatte es die Solarbranche in Deutschland schwer. Von der Dynamik der vorangegangenen Jahre war nicht mehr viel übrig geblieben. Auch in jenen Unternehmen, die überleben konnten, war die Stimmung nun eine ganz andere als die Jahre davor. Viele Kollegen hatten gehen müssen. Die meisten von ihnen kehrten der Branche den Rücken.

International aber ging der Boom weiter. Insb. in China sind viele neue Unternehmen entstanden, so wie einst bei uns. Kredite zu bekommen, war für sie nicht schwierig. Sie konnten „auf der grünen Wiese“ planen und – ohne „Altlasten“ mit modernsten Produktionsanlagen starten, während viele deutsche Fabriken schon etwas in die Jahre gekommen waren.

Auch die technische Entwicklung hörte nicht auf. Sie fand jeztzt nur größtenteils anderswo statt. Die Wirkungsgrade stiegen weiter und die Systempreise sanken. Die Photovoltaik ist heute in vielen Regionen die günstigste Energiequelle.

Sonnenaufgang

Durch die günstigen Produktionskosten ist die Einspeisevergütung (und mit ihr das EEG) zweitrangig geworden. Wichtiger ist, wie viel Strom direkt vor Ort verbraucht oder direkt vermarktet werden kann. Wer einen hohen Eigenverbrauchsanteil hat und um die 20 Cent für jede eigenverbrauchte Kilowattstunde spart, für den ist nicht entscheidend, ob er für die eingespeiste Kilowattstunge nun 6,5 oder 6,3 Cent erhält. So gingen in den letzten Jahren auch bei uns die Zubauzahlen wieder langsam aber stetig nach oben.
Die Produkte dafür kommen allerdings meist nicht mehr aus Deutschland.

Über den Autor

Große Teile dieses Artikels sind aus dem "Gedächtnisprotokoll" zusammengeschrieben und geben teilweise meine persönlichen Eindrücke als Branchenzugehöriger wider. Mein erster Berührungspunkt mit dem EEG war im Jahr 2007 als Student im Rahmen eines Praktikums. Ich verbrachte später einige Berufsjahre in der Solarbranche. Im Jahr 2013 musste ich eine betriebsbedingte Kündigung erleben, kehrte daraufhin der Branche allerdings nicht den Rücken. Ich arbeitete weitere 4 Jahre in der Branche, dann für die SolarWorld AG, bis zu deren Insolvenz im Jahr 2017. Nach 4, ebenfalls spannenden, Jahren im Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge im Autobahnnetz kehre ich nun selbstständig, zumindest in Teilzeit, mit meinem "SOLARBÜRO Amrum" in die Branche zurück und versuche, ein Stück vom Solarstrom-Kuchen auf die Inseln zu holen.
Dipl.-Wirt.-Ing. Benjamin Heiß
Benjamin Heiß
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